[start] [inhalt] [literatur]

Anfang :

Mein Herz gehört den Bildern. Ob es Comics sind, Animationen, Webseiten, VideoClips oder Kinofilme, die Bilder sind es, die mich begeistern. Mit der Geschichte dieser Leidenschaft ist der Computer untrennbar verbunden. Ich habe 1988 mit interaktiven Bildergeschichten begonnen, und habe während meiner Zusammenarbeit mit dem Ponton European Media Art Lab von 1990 bis heute an einer Reihe von Projekten mitgearbeitet, in denen das Experiment mit der Kommunikation im öffentlichen Raum im Mittelpunkt stand. Diese Projekte decken ein Spektrum von zuschauergesteuerter, interaktiver TV-Installation (Piazza virtuale, 1992) über offene, dreidimensionale Kommunikationsräume(ServiceArea, 1994) bis hin zu vollständig in ein elektronisches Medium übertragenen Arbeits- und Kommunikationswelten für Kinder(Comenius, 1994-96) ab.

"Das Ponton European Media Art Lab versucht, Menschen aus ihrer erstarrten Opferhaltung vor dem Altar der Medien herauszuführen. Ponton verknüpft Netze verschiedener Medien und macht sie beidseitig nutzbar-und schafft so eine zeitgemässe Kommunikationsform in öffentlichen Medien.",[5] so beschrieb Benjamin Heidersberger 1991 Pontons selbstgewählte Aufgabenstellung. Meine Mitarbeit an diesen Projekten bezog sich in erster Linie auf die Entwicklung und Erforschung der Visualisierung von Kommunikations-Prozessen und Interaktionen der Besucher und Benutzer dieser Projekte, sowie auf die Artikulation des Anderen im Netz, das kommunikative Abbild des Menschen und die Erforschung der Möglichkeiten, sich über ein elektronisches Medium zu unterhalten und auszudrücken.

Ich beginne nach einer kurzen Begriffsdefinition mit der Dokumentation von drei Projekten an denen ich in den letzten vier Jahren intensiv gearbeitet habe, und in denen der Andere eine zentrale Rolle gespielt hat und in zwei Fällen auch noch spielt. Danach steht ein Aufsatz über den Zusammenhang zwischen Technik und Visualisierung von Kommunikations-Systemen. Den Abschluss bilden einige Denkansätze zum Verständnis des Benutzerbildes und seiner Kommunikationswerkzeuge, sowie die Möglichkeit einer Verzweigung zu Kurzdokumentationen anderer Projekte aus dem Bereich der verteilten Interaktionswelten. Vieles in dieser Arbeit mag fragmentarisch sein weil das Thema in seiner Komplexität und seiner viele Bereiche berührenden Breite noch weitestgehend unerforscht und also voller Fragen und Möglichkeiten ist.

Begriffe :

Drahtrahmengarten :: Der Begriff Drahtrahmengarten ist ein Phantasiewort, das ich mir zur poetischen Umschreibung von elektronischen, grafischen Kommunikationswelten ausgedacht habe. Drahtrahmengärten sind im Computer simulierte Orte, in denen sich Menschen freiwillig zum Zwecke der Unterhaltung oder auch der Arbeit treffen. Ich bezeichne sie als Drahtrahmengärten, weil sich die perspektivische Abbildung der Objekte in 3D Simulationen aus den Linien, die die im Raum liegenden Eckpunkte der Objekte miteinander verbinden, errechnet. Diese Darstellungsart wird aufgrund ihrer optischen Ähnlichkeit mit den Drahtskeletten von Pappmacheé-Skulpturen "Wireframe" genannt, was sich wörtlich in "Drahtrahmen" übersetzen lässt. Der Begriff des Gartens als Metapher für den virtuellen Treffpunkt leitet sich für mich aus der starken Parallele in sowohl Entstehung als auch Benutzung von wirklichen und elektronisch simulierten Gärten ab. Ich beziehe mich hauptsächlich auf die Urbane Variante des Gartens, die absichtlich zum Zwecke der Repräsentation und mit dem Ziel des entspannten und gepflegten Aufenthalts angelegt wurden, da im elektronischen Raum nichts von alleine wächst. Der elektrische wie der wirkliche Garten sind Orte der Begegnung von Menschen, die die Zeit und Musse haben, sich in ihnen aufzuhalten, Orte der Erholung und Entspannung. Weiter gehören zu einem Garten ein Landschaftsplaner und ein Gärtner, die den gewünschten Zustand des Gartens erhalten und pflegen, aber auch, und dieser Punkt ist wichtig, selber Besucher des Gartens sein können.

Die Geschichte des Gartens ist sicherlich älter als die des Drahtrahmengartens, dennoch ähneln sich die Berufe. Die Architekten und Gärtner der elektronischen Grünanlage waren am Anfang, also von den 60er Jahren bis in die 80er Jahre hinein, hauptsächlich Programmierer, die inhaltliche Ausrichtung war technologisch experimentell. Man könnte sagen, dass in der Anfangsphase ausprobiert wurde, was im Elektro-Grünen so wächst und wie man es anbaut.

Beispiele für solche historischen Systeme sind Habitat<- von Lucasfilm Ltd., und die LambdaMOO<- von Pavel Curtis und der Xerox Research Coorporation. In den 90er Jahren wurde der elektronisch simulierte Raum zunehmend zum Ausdrucksrepertoire von Medienkünstlern, nicht zuletzt durch die Verfügbarkeit von visuellen und tonalen Autorenwerkzeugen, also Software zur Bild- und Tonbearbeitung. Es kann also im Idealfall ein interdisziplinärer Austausch zwischen Künstler, Techniker und Besucher bei der Realisation eines Drahtrahmengartens entstehen, eben wie beim wirklichen Garten auch.

Cyberspace :: cyberspace: /si:'ber-spays/

"Cyberspace is the `place` where a telephone conversation appears to occur. Not inside your actual phone, the plastic device on your desk. Not inside the other person's phone, in some other city. _The_place_between_ the phones. The indefinate place _out_there_, where the two of you, human beings, actually meet and communicate." --Bruce Sterling [The Hacker Crackdown]

"Cyberspace. A consensual hallucination experienced daily by billions of legitimate operators, in every nation, by children being taught mathematical concepts...A graphical representation of data abstracted from the banks of every computer in the human system. Unthinkable complexity. Lines of light ranged in the non-space of the mind, clusters and constellations of data. Like city lights, receding..." -William Gibson, "Neuromancer"

Das Wort CYBERSPACE wurde geprägt von William Gibson als Wort für seine Vision von einem globalen Computernetzwerk, das von Menschen durchflogen und manipuliert werden kann. Es stammt aus seinem Roman Newromancer. CYBERSPACE setzt sich zusammen aus Cyber, einerAbleitung des griechischen Verbs Kubernao, steuern, sowie aus Space, englisch für den freien Raum. Ausserdem liegen noch zwei weitere Assoziationen nahe. Cyborg und Cybernetics. Ein Cyborg ist ein durch in den Körper integrierte Maschinenteile leistungsfähiger gemachter Mensch (auch bei Gibson: Ein Konsolen-Cowboy mit Hirnimplantaten). Cybernetics, zu deutsch, Kybernetik, ist die Wissenschaft von den Steuerungs- und Regelkreisen der Information in biologischen und technischen Systemen. Im Sprachgebrauch der oben gennanten Autoren ist der Cyberspace ein Raum, in dem Kontrolle durch die Navigation in einer Datenlandschaft und deren Manipulation erreicht wird. Die Aktionen im Datenraum haben jedoch durchaus Auswirkungen auf die Welt ausserhalb. Die mit dem Cyberspace verbundenen Menschen befinden sich in Gibsons Romanen in wirklicher Lebensgefahr, und sie kontrollieren ferngesteuerte Maschinen ausserhalb des Cyberspace. Cyberspace ist somit der Raum in dem alle existierenden Kommunikationskanäle und Informationsarchive mit Menschen und Maschinen verbunden sind. Geschichtlich betrachtet ist der Cyberspace der nächste Schritt des Menschen in den gedachten Raum hinein. Radar und Landkarte zeigen die Welt noch von oben, der Mensch schwebt über der Information. Cyberspace bietet die Möglichkeit des Eintritts. Der Mensch befindet sich in der Information, sie ist über ihm, hinter ihm, überall.

Cyberspace ist also nicht das WorldWideWeb, ein Chatforum, eine Telefonsex-Konferenz oder eine MUD. Cyberspace ist der allgemeine, poetische Begriff für den Raum, in dem diese Treffpunkte existieren, und meint auch die Möglichkeit der Navigation zwischen diesen Orten.

Gedanken zur Topologie des Datenraums von Olof Hagsand vom Swedish Institute of Computer Science (SICS):

"A space has a virtually infinite extension, including so many things that they can never be grasped all at once. This is a good description of the already existing collections of electronic data, on e.g. the Internet. Second, space connotes the idea of free movement, of being able to visit a variety of states or places. Third, a space has some kind of a geometry, implying concepts such as distance, direction and dimension. The most direct implementation of the latter idea is the technology of virtual reality, where a continuous three-dimensional space is generated by computer, which reacts to the user's movements and manipulations like a real physical space would. In a more metaphorical way, the geometry (or at least topology) of space can be found in the network of links and references characterizing a hypertext (which can be seen as the most general form for a collection of interlinked data). Nodes in a hypertext can be close or distant, depending on the number of links one must traverse in order to get from the one to the other. Moreover, the set of links in a given node define a number of directions in which one can move. However, a hypertext does not seem to have any determined number of dimensions (except perhaps infinity), it is not continuous but "chunky", and the distance between two points is in general different depending on the point from which one starts to move. "

Hagsand geht hier gleich auf einen Interessanten Aspekt der Informationsbeschaffung im Netzwerk ein. In den meisten Fällen erscheinen Links in Hypertexten, wie zum Beispiel dem WorldWideWeb, als Möglichkeiten der Verzweigung zu einer anderen Information. Hagsand nennt die Benutzung dieser Strukturen chunky, was soviel wie stückhaft oder auch ruckweise bedeutet. Er bezieht sich damit auf den sofortigen Bildwechsel, der auf das Anklicken eines Links erfolgt. Im Gegensatz dazu kann Information in einem 3D-Raum durch Bewegung bereist werden. Das Zurücklegen der Entfernung von Information A zu Information B ist dann ein Weg, kein Schnitt.

Wirklich,virtuell und virtueller Raum :: Virtuell übersetzt der Duden mit ..der Möglichkeit nach vorhanden. Dabei ist mit dem, was der Möglichkeit nach vorhanden sein könnte, meistens ein Bild gemeint. Eine Erklärung hierzu : In der Geschichte der Fotografie gab und gibt es die Bildplatte, eine mit einer lichtempfindlichen Chemikalie gleichmässig beschichtete Fläche. Die Chemikalie erhärtet unter Lichteinfall, und speichert so die Bildinformation in unterschiedlichen Härtegraden. Vor der Entwicklung der Platte, also der Ätzung der nicht gehärteten Stellen, ist das Bild zwar unsichtbar, aber der Möglichkeit nach vorhanden, eben ein virtuelles Bild. Die Übersetzung des Dudens schliesst jedoch keinesfalls aus, dass nicht auch andere Dinge virtuell sein können. Eine Raumsimulation im Rechner, die auch als virtueller Raum bezeichnet wird, ist gegebenenfalls nach sehr wirklich, kann man ihn doch hören, sehen und erleben. Virtuell heisst also auch immateriell, ohne Materie, gedacht. Der Begriff der Virtuellen Realität steht für grafische Simulationen, diese Auffassung ist jedoch populistisch. Ein gedachter Raum kann schon durch ein Gespräch, eine gemeinsame Idee entstehen. Auch auf die nicht bildhaften Textwelten der MUD´s und MOO´s passt der Begriff des virtuellen Raumes, da sie sowohl die räumliche Charakteristik der Ausdehnung beeinhalten, als auch die Möglichkeit zur freien Navigation bereitstellen. Lediglich die Abbildung der Räume ist nicht grafisch anschaulich sondern textlich beschreibend. Die Gespräche der Besucher und ihre gleichzeitige Anwesenheit im System reicht als Beweis für die Existenz eines Raumes. Der Einfachheit halber kann dieser Raum als virtueller Raum bezeichnet werden, damit ist aber lediglich das Fehlen der Wände und die Elektrizität des Ortes gemeint.

Ich habe bis jetzt noch keine für mich befriedigende Begrifflichkeit für elektronische Welten, Kommunikation im Medium, virtuell, real und wirklich gefunden. Kommunikation zum Beispiel ist für mich immer wirklich, auch wenn zur Kommunikation ein elektronisch generierter Raum benutzt werden kann. Benjamin Heidersberger sagt : "Wie wir wissen, ist ein Gespräch nicht tot, nur weil es über ein technisches Medium abläuft. Das Medium ermöglicht uns, mit anderen Menschen an einem virtuellen Ort zusammenzukommen."[5] Das Gespräch findet statt, die Information fliesst von einem Menschen zum anderen und zurück. Im elektronisch generierten Raum ist lediglich das Medium der Übertragung nicht die Luft, sondern eine Telefon- oder Modemleitung. Aber was zeichnet den elektronisch generierten Raum aus ? Das er elektronisch generiert ist ? Das er verteilt ist, man also nicht physikalisch am gleichen Ort sein muss, um zusammen zu sein ? Das er Un-Körperlich ist ?

Chat-Systeme :: Chat heisst übersetzt : plappern, klatschen, schwatzen, tratschen, plauschen, etc...

Chat-Systeme sind demnach über Telefonnummern oder Internet-Addressen erreichbare Computer, die die Möglichkeit zum ungezwungenen Gespräch per Computer (Text) oder Telefon (Stimme) in Gruppen anbieten. Diese Gruppen setzen sich meist zufällig zusammen, es ist jedoch ein viel beobachtetes Phänomen, dass aus diesen zufälligen Gruppen heraus Gemeinschaften und Cliquen entstehen.

Multi-User-Dungeons (MUD) und Multi-User-Dungeons Object Oriented (MOO) :: "A MUD is a software program that accepts 'connections' from multiple users across some kind of network (e.g., telephone lines or the Internet) and provides to each user access to a shared database of 'rooms', 'exits', and other objects. Each user browses and manipulates this database from 'inside' one of those rooms, seeing only those objects that are in the same room and moving from room to room mostly via the exits that connect them. A MUD, therefore, is a kind of virtual reality, an electronically-represented 'place' that users can visit. MUDs are not, however, like the kinds of virtual realities that one usually hears about, with fancy graphics and special hardware to sense the position and orientation of the user's real-world body. A MUD user's interface to the database is entirely text-based; all commands are typed in by the users and all feedback is printed as unformatted text on their terminal."

-- Pavel Curtis, Mudding-Social Phenomena in text based virtual relities., 1992, [2]

Metaverse :: "So to keep things straight, I'm going to call them metaworlds. This is partly in homage to Neal Stephenson, whose 1992 novel Snow Crash portrayed a metaworld that's a few technological and cultural notches above what's possible right now: the Metaverse, a virtual world so immersive and detailed it rivals the real one."-- Robert Rossney, Metaworlds, Wired 4.06

Metaversen, also vom Begriff her betrachtet, übergeordnete Universen, sind die oben schon erwähnten Orte im Cyberspace. Metaverse wird gerne als Ausdruck für grafisch unterstützte virtuelle Räume benutzt, im Gegensatz zu rein textlich Beschriebenen. Der Begriff stammt aus Neal Stephensons Roman Snowcrash[10].

UserIcon und UserAccount :: UNIX Computer beispielsweise lassen mehr als einen Benutzer gleichzeitig zu. Jeder dieser Benutzer hat seine eigene Arbeitsumgebung und muss sich, um diese zu benutzen, unter seinem Namen und mit einem Passwort an dem Computer anmelden. Dass kann sowohl physikalisch an dem Rechner selbst als auch über ein Computer Netzwerk geschehen. Dieser individuelle Zugang nennt sich UserAccount. In der Regel impliziert der Ausdruck einen User haben das Vorhandensein von individuell verfügbarem Speicherplatz auf einem Rechner. Ein UserIcon ist die Visualisierung dieses Accounts. Im einfachsten Fall nur der Name des Benutzers, also eine Reihe von Buchstaben-Zeichen. Einige grafisch orientierte Betriebssysteme bedienen sich zur Visualisierung dieser UserAccounts kleiner Bildchen, Icons, eben UserIcons. Diese Accounts sind ebenso alltäglich als Zugang zu Kommunikationssystemen. Man kann den Begriff des UserIcons auch für die Abbildung eines Menschen in einem solchen System verwenden.

Avatar :: "If you're ugly, you can make your avatar beautiful. If you've just gotten out of bed, your avatar can still be wearing beautiful clothes and professionally applied makeup. You can look like a gorilla or a dragon or a giant talking penis in the Metaverse."--Neal Stephenson, Snowcrash

Der Amerikanische Autor Neal Stephenson nennt in seinem Roman Snowcrash[10] die Abbildung der Menschen in einer simulierten Kommunikationswelt Avatar, welches das englische Wort für Verkörperung ist, eigentlich sogar die Verkörperung einer Gottheit, derer sie sich zum Wandeln und Handeln auf der Erde bedient. Zahlreiche Mythen und Sagen beschreiben die oft listenreiche Wahl der Gestalten, der göttlichen Avatare. Eine der Bekanntesten ist die Sage von Zeus, verkörpert durch den Stier, der Europa entführt. Avatar hat sich im Sprachgebrauch der Online-Gemeinschaften in den USA in den vergangenen 2 Jahren durchgesetzt, und steht für die grafisch Aufwendige und zum Teil dreidimensionale Repräsentation der telematischen Präsenz eines Menschen in einem Kommunikationsraum. Diese Avatare können in einigen Drahtrahmengärten selbst gebaut oder aus einer Anzahl vorgefertigter Körper ausgewählt werden. Siehe dazu auch die Beschreibungen von NPSNET, DIVE, Habitat, AlphaWorlds und ThePalace.

Telepräsenz :: Telepräsenz ist ein Begriff von Marvin Minsky(1979), mit dem er die gleichzeitige Anwesenheit eines Menschen an 2 Orten durch den Transport seines (Ab)Bildes über ein Medium meint. So ist zum Beispiel der Moderator einer Live-Sendung im Fernsehen gleichzeitig im Studio und im Fernseher. Der Wissenschaftler, der einen Forschungsroboter durch ein Tunnelsystem steuert sitzt im Labor und ist gleizeitig im Tunnel durch den Roboter tele-präsent. Die Teilnehmer einer Gesprächsrunde in einer virtuellen Kommunikationsumgebung sind demnach ebenfalls telepräsent.

Kommunikations Systeme :: Allgemeiner Überbegriff für Chat Systeme, Drahtrahmengärten, MUDs, MOOs etc...

3D :: Abkürzung für DREI-DIMENSIONAL. Mit 3D ist in der Regel die technische Simulation eines Raumes oder eines Objektes auf dem ansonsten flachen (zweidimensionalen) Bildschirm gemeint. Diese Simulation zeichnet sich dadurch aus, dass der Raum oder das Objekt von allen Seiten betrachtet, gedreht und durchfahren werden kann.

Polygon :: Eine Form, die sich aus Punkten und geraden Linien zusammensetzt, die die Punkte miteinander verbinden. Das kleinste Polygon ist demnach ein Dreieck. Dreiecke bilden in weiten Teilen der 3D-Computer-Grafik als kleinste mögliche Fläche das Baumaterial für die Darstellung von räumlichen Körpern.{6}

Wayne und Squishy sind zwei junge Männer (beide sind 25 Jahre alt) aus San Francisco, die nach eigener Auskunft einen grossen Teil ihrer Freizeit in Kommunikationssystemen verbringen. Ich habe sie zu einigen Themen befragt, und ihre Antworten an passenden Stellen eingeflochten.

Vorwort

Synchrones Diskettenwerfen und Dreiecks-Beschleunigung

"Wir befinden uns nun in einem der ältesten Teile von Los Angeles. Einige der Häuser, die sie hier sehen, sind über 12 Jahre alt." -- Steve Martin, L.A. Story

Seit Ende der 60er Jahre, als sich aus dem militärischen Forschungsbereich das Internet in die Universitäten ausbreitete entwickeln sich neue Möglichkeiten der Informationsvisualisierung und der Kommunikation.

Wir erleben im Moment die Entstehung einer zum Postwesen parallelen Infrastruktur bei der Verschickung von Briefen, deren unschlagbarer Vorteil die Geschwindigkeit ist. Eine Email braucht an schlechten Tagen 4 Minuten von Hannover nach Kalifornien. Das entspricht einer Durschnittsgeschwindigkeit von 192.000 km/h.

"Vor 6 Jahren, also als ich 22 war, gab es im Ponton European Media Art Lab ein Klingeldraht-Netzwerk namens TOPS, das die 5 Macintosh Computer des Labs miteinander verband. Es war das erste Computer-Netzwerk, das ich sah. Diskettenwerfen war damals noch wesentlich schneller als die Datenübertragung über TOPS. Erst Anfang 1992, also vor 4 Jahren, sah ich die ersten Ethernet Karten in Amiga und Macintosh Computern. Der alltägliche Umgang mit dem LAN (Local Area Network) begann. TCP/IP benutzte ich damals, um Dateien vom Amiga zum Mac zu kopieren. Dass dieses Protokoll die Basis des Internets bildete, wurde mir erst 1993 klar. Zum Lesen meiner email, die ich seit August 1992 kenne, bin ich 1 Jahr lang zu einem DOS-Computer gelaufen. Als ich 1990 an Pontons "Van Gogh TV:Hotel Pompino" auf der Ars Electronica in Linz teilnahm, meinem ersten Projekt mit Ponton, war das Internet in Europa kaum bekannt. Fernseher und Telefon waren damals verlässlich in einem durchschnittlichen Haushalt verfügbar, und bildeten aus diesem Grund bis 1994 zur Service Area a.i. die technologische Basis für Pontons Kommunikations Experimente. Gute 5 Jahre und 7 Projekte lang bildeten sich die Besucher von Pontons elektronisch generierten Räumen mit ihrer Telefon-Stimme oder als Textzeile ab. Auf der Siggraph 1993 hörte ich dann von Mosaic, das 1994 von dem im Moment wohl bekanntesten Web-Browser Netscape abgelöst wurde, und seit Anfang diesen Jahres ist TCP/IP-Software auch Bestandteil der marktführenden Betriebssysteme MacOS und Windows95, nachdem sie seit den 60ern die Fernkommunikation der UNIX Systeme sichergestellt hatte."

Die grosse Nachfrage und der dadurch bedingte ständig fallende Preis für Hard- und Software sorgen dafür, dass seitdem in extrem kurzen Zyklen leistungsstärkere Technologien einer breiten Öffentlichkeit zugänglich werden, und es wäre gelogen zu behaupten, dass die Erscheinungsform und die Möglichkeiten der Medienkunst und die der virtuellen Räume nicht entscheidend dadurch beeinflusst wäre. Vor allem das Beispiel 3D Visualisierung veranschaulicht diesen rasanten Fortschritt extrem deutlich. Noch vor 3 Jahren lag der Preis für einen Computer, der in der Lage war, 3D - Szenarien in Echtzeit abzubilden zwischen 100.000 und einer Million Dollar. Heute kann nahezu jeder PC mehr Polygone pro Sekunde auf dem Bildschirm abbilden, und das zu einem 20tel des Preises. Das Erstellen und Betrachten von 3D-Echtzeit Simulationen ist nicht mehr länger Sache der Rechenzentren, des Militärs und der Science-Fiction, sondern wie der Netzwerkanschluss, Bestandteil des Personal-Computers und damit Bestandteil meiner Arbeitsmaterialien.

"Jedes Abenteuer kann simuliert, jede Heldentat vollbracht, jeder Traum Verwirklicht werden. Damit wird ein bis jetzt noch gar nicht überschaubarer Schritt zur Realitätsflucht geleistet. Die virtuelle Welt lädt geradezu dazu ein, schwierige, problembeladene Situationen sekundenschnell gegen eine wunschgemässe, phantastische Welt einzutauschen, den Austoss aus dem Paradies rückgängig zu machen. Wahrheit und Fiktion werden immer weniger voneinander zu unterscheiden sein, und es könnte die Lebensbewältigung dann nicht mehr als eine Aufgabe verstanden werden."[17]

Dieses Fundstück im Ergebniss einer Volltextsuche auf dem WWW ist zwar sehr dramatisch formuliert, summiert aber die Vorbehalte gegen die "Technisierung der Gesellschaft" ganz gut. Diese düsteren Visionen werden letztlich durch die Geschwindigkeit der oben beschriebenen Entwicklung immer realer. Es ist darin auch Positives. Die virtuelle Realität, also die dreidimensionale Visualisierung eines Datenraumes, tritt aus dem Schatten- und Mythendasein der Labors, Medienkunstfestivals, Science Fiction Romane und Industriemessen und muss sich im öffentlichen Raum behaupten. Hier könnte nicht mehr die Angst vor der Sensationen der technischen Machbarkeit, sondern die zusätzlichen Möglichkeiten der Mensch-zu-Mensch Kommunikation im Mittelpunkt stehen. Nochmal zu dem Autorenlosen Fundstück : "Existentielle Fragen müssen daher an die Geisteswissenschaften gestellt werden, wie seelisch-geistige Fähigkeiten entwickelt werden können, um dieser Bedrohung zu begegnen... "[17] Dann mal los :

Das Material

Sind MUD-User Conservativ ? Heisse und kalte Medien nach Marshal McLuhan :

"Ich füge diesen Artikel hier ein, obwohl die Problematik schon relativ speziell ist. Allerdings ist der Streit um das adäquate Baumaterial für virtuelle Welten eine essentielle Auseinandersetzung, mit der ich täglich zu tun habe."

Die Echtzeit Kommunikation im Computernetz war bis ca. 1994 fest in der Hand der Chatter und der MUDs, also des Textes. Es gab keine grafischen, frei navigierbaren Kommunikationssysteme, jedenfalls nicht ausserhalb von Universitäten und Forschungslabore. HABITAT war lange das einzige Chat-System mit Ansätzen einer grafischen Visualisierung (und entzog sich der nord-westlichen Wahrnehmung durch seine ausschliessliche Verbreitung in Japan). Fast alle mir bekannten MUD´s werden zur Zeit jedoch um grafische Interfaces erweitert, viele sogar um 3D-Interfaces. Diese Entwicklung spaltet die Benutzergruppen dieser Systeme in zwei Lager.

Die Gemeinschaft der Text-Chatter und MUD-User bemäkelt den Verlust eines phantastischen Gedankenraumes durch die oft technisch beschränkte Visualisierung der virtuellen Welt und ihrer Benutzer. Dieser Konflikt wird oft auf den Kampf der Bauklötze gegen Barbie und BigJim hochstilisiert. Der Vorwurf lautet, das die in ihrer Gestalt komplett von Designern ausformulierte Welt der Phantasie die Möglichkeit zur individuellen Ausgestaltung nimmt. In der Terminologie McLuhans stellt sich mir dieser Konflikt wie folgt dar : Textwelten verlangen ob ihrer Unbestimmtheit und ihrer reduzierten Form des Informationstransports eine hohe intellektuelle Beteiligung und gedankliche Vervollständigung durch den Betrachter. McLuhan nennt diese Medien kühle Medien. Heisse Medien zeichen sich nach McLuhan [3] durch die detailreiche und reizvolle Beanspruchung der Sinne aus, und verlangen so vom Publikum keine phantasievolle Ausschmückung der Situation, da diese nahezu vollständig ausformuliert ist. Heisse Medien sind zum Beispiel das Radio und der Kinofilm. Sie ziehen den Betrachter in ihren Bann. (McLuhan war 1964 noch davon überzeugt, das das Fernsehen ein kaltes Medium sei, also eines, das eine hohe Eigenbeteiligung des Zuschauers voraussetzt, wie das Telefonieren, sagt aber auch, das sich jedes Medium aufheizen lässt[3, Seite 44-72], und das ist mit dem Fernsehen seit 1964 sicherlich passiert.) Es muss also das Ziel eines jeden Kommunikationssystems sein, kühl zu bleiben, wenn Kommunikation und aktive Anteilnahme zentraler Inhalt sein sollen. Dazu Pavel Curtis, der Erfinder und Programmierer der LambdaMOO 1993:
"MUDs are a cold medium, while ore graphically-based media are hot; that is, the sensorial parsimony of plain text tends to entice users into engaging their imaginations to fill in missing details while, comparatively speaking, the richness of stimuli in fancy virtual realities has an opposite tendency, pushing users' imaginations into a more passive role."[2]
Was Curtis sagt ist, dass die grafische Visualisierung einer Kommunikationssituation oder eines elektronischen Raumes den Besucher in eine passivere Wahrnehmungssituation bringt als die textliche Beschreibung derselben. Diese Sicht der Dinge ist stark vereinfacht. Wenn der Computer seiner Eigenheit als dynamische und interaktive Maschine beraubt wird, dann kann er als Projektionsfläche für die kommerziellen Ideen von Cyberspace-Designern missbraucht werden, genau wie das Werbefernsehen ein eigentlich interessantes und vielseitiges Medium, das Fernsehen, verdirbt. Auf ausschliesslich dieses Problem aber bezieht sich die Skepsis von Curtis, dessen Kritik hier nicht weit genug geht, denn seine LambdaMOO kann so ziemlich alles, was deren Benutzer nach eigener Auskunft brauchen, und so spricht aus seinen Worten auch der Vater und Bewahrer einer Idee. Dazu Squishy, ein sehr agiler Benutzer von Chat Systemen :
"I started in school (at MIT) to explore some MUDs and MOOs. I thought MOOs were amazing. I liked the object oriented basis for them and really liked learning how to program the world around me. I made some friends, ... I like non-busy chats...too much going on and I can't concentrate on anything else but the chat, and I usually have to do other things while I'm chatting."
Die Textwelt(auch die der LambdaMOO) ist dynamisch, veränderbar, sie reagiert und man kann in ihr miteinander reden. Man kann Texte ablegen und mit Hilfe einer zu erlernenden Programmiersprache zum Beispiel selber Spiele programmieren. Sie bietet aber auch, wie das Beispiel Squishy zeigt, ausreichend Raum für eine zusätzliche Beschäftigung ausserhalb des virtuellen Raumes. Sie ist nicht aufdringlich und fordert nur dann unsere Sinne, wenn wir uns ihr zuwenden.
Trotzdem ist es platt zu behaupten, eine anschauliche, weil grafisch unterstützte Kommunikationswelt sei gefährlich und sie betöre unsere Sinne. Natürlich hat die bis heute existierende Handvoll grafischer Systeme schnelleren Zulauf. Sie sind ansprechend und listenreich in Szene gesetzt, und zielen auf die Techno-Generation der Gibson- und Stephenson Leser, da sie grundsätzlich versuchen, die in der einschlägigen ScienceFiction Literatur beschriebenen Szenarien nachzubilden. Nicht zufällig heisst der Einstiegspunkt in AlphaWorlds Ground Zero. Es ist dies eine Namens-Ableitung von Gibsons Biochips- Romanhelden Count Zero. Ein weiteres System schmückt sich mit dem Titel Black-Sun, einer virtuellen Kneipe aus Snowcrash von Neal Stephenson. Diese Systeme sind also kommerziell betrachtet erfolgreicher, und beanspruchen deshalb eine Stellung in der Chatter-Szene für sich, die bis jetzt die MUD-Welten innehatten.
Der Schnitt, der heisse von kalten Systemen trennt, liegt nicht zwischen Text und Bild. Der Schnitt liegt zwischen solchen Systemen, die starr vorformuliert sind, und aufbauend auf den o.g. ScienceFiction Visionen unter Einsatz kräftiger Finanzmittel aus der Unterhaltungs- und Technologiebranche mit den technischen Möglichkeiten zur Perfektionierung der Welt-Illusion experimentieren. Die so definierten heissen Cyberspacesysteme sind die legitmen Erben des Fernsehens. Ihr Ziel ist es nicht, Kommunikation zu ermöglichen. Der Chat-Kanal ist das vordergründige Alibi für Interaktivität. Sie locken durch perfekte und trickreiche Ästhetik und bieten der an Interaktivität gewöhnten kaufkräftigen Jugend die Konsum- und Werbungsorientierte interaktive Shopping-Mall, den Wolf im Schafspelz, Leo Kirch in William Gibsons Anarcho-Kutte.

Dem gegenüber stehen die kühlen Systeme, in denen die technologische Basis für einen virtuellen Raum besteht, die letzendliche Form des Raumes jedoch nicht von vornherein feststeht und durch jeden veränderbar ist. In diesem Bereich sehe ich meine Arbeit und auch die Projekte Pontons, ganz konkret ServiceArea und ihr Folgeprojekt LocalLoop. Im Idealfall entsteht ein offenes System, das als Treffpunkt im virtuellen Raum die Möglichkeit zum dialogischen Austausch durch Kopplung aller Kommunikationskanäle bereitstellt.
Das Baumaterial für virtuelle Welten sind also nicht Text ODER Bild, sondern die verschiedenen Intentionen ihrer Macher. Die Trennlinie, die heisse von kalten Systemen trennt ist die Trennung zwischen Designer-Barock und künstlerischer Forschung.

Die Kommunikationssituation

Kommunikation über ein technisches Medium bedeutet im Moment noch unmittelbar den Wegfall der Körper- und Gebärdensprache als Ausdrucksmittel, sowie die vollständige Bedeutungslosigkeit der physikalischen Umwelt der Kommunizierenden. Am Telefon kann man seinen Gesprächspartner nicht sehen, weder das Wetter, noch das Licht, noch der Geräuschpegel wird in den meisten Fällen an den beiden Enden (Outputs) des Kommunikationskanals das Gleiche sein. "Bewegungen vermitteln uns immer wichtige optische Informationen. Wir erkennen Menschen, die uns nahestehen, nicht nur an ihrer Physiognomie und ihrer Figur, sondern auch an ihrer Art sich zu bewegen [...] An der fehlenden Bewegung liegt es, dass häufig Fotografien oder Passfotos relativ unähnlich sind. Die kleinsten, kaum sichtbaren Veränderungen eines Gesichts deuten wir. Wir identifizieren sie mit den kompliziertesten psychologischen Abläufen und richten unser Verhalten dem anderen gegenüber danach ein. An der Haltung und dem Gang des Menschen sehen wir, ob er müde oder ausgeruht ist, ob er einen energischen und aktiven Charakter hat etc... ", sagt Jürgen Weber in seinem Buch Gestalt, Bewegung, Farbe von 1974. Und Paul Watzlawick : "Denn das Material der Pragmatik[des Kommunikationsverhaltens] sind nicht nur Worte, ihre Konfiguration und Bedeutungen - also die Daten der Syntaktik und der Semantik - sondern auch alle nichtverbalen Begleiterscheinungen, die sogenannte Körpersprache inbegriffen. Und schliesslich ist die die kommunikativen Abläufe mitbestimmende Rolle des Kontextes, also der Umwelt, jeder Kommunikation, in Betracht zu ziehen. In dieser pragmatischen Sicht ist demnach nicht nur die Sprache, sondern alles Verhalten Kommunikation, und jede Kommunikation - selbst die kommunikativen Aspekte jedes Kontextes - beeinflusst das Verhalten."[9]

Wir haben es also im medialen Kommunikationsraum mit einer Situation zu tun, in der ein grosser Teil der unmittelbaren Wahrnehmung des Anderen fehlt. Trotzdem ist ein wichtiger Aspekt der Kommunikationssituation erfüllt : Der Systemkreislauf des Sendens und Empfangens, der Lebens-Zeichen von anderen und der Positionierung der eigenen Person im Verhältniss dazu.

Dazu einige Situationen : Das zielgerichtete Gespräch(Meeting), Beispiel : Telefonsex. Dem zu stimulierenden Menschen(Kunden) wird von seiner/seinem virtuellen PartnerIn verbal eine phantastische Situation als perfekte Reflektion seiner sexuellen Bedürfnisse geschaffen (siehe auch : bio-adapter). Das ist sogar nur möglich weil die beiden sich nicht sehen können. Ausserdem gibt es ein beiderseitiges Abkommen über das Ziel dieser Gespräche : In möglichst kurzer Zeit die maximale Lust zu erzeugen, denn 0190 Nummern kosten den Anrufer richtig Geld. Telefonsex, Chat-Line und Videokonferenez Systeme unterliegen den marktwirtschaftlichen Gesetzen von Angebot, Nachfrage und dem Anspruch der störungsfreien Informationsübertragung. Sie haben von daher nur einen begrenzten experimentellen Spielraum. Telefonsex beweist jedoch das Vorhandensein einer hohen Motivation und Fähigkeit, über ein elektronisches Medium eine komplexe Bedürfnissübereinstimmung zwischen der Erwartung des Anrufers und der gelieferten Ware herzustellen. Bemerkenswert ist ausserdem, dass die Ware, also das Lustabenteuer, dynamisch in seiner Qualität im Prozess der Lieferung gesteigert werden kann, der Preis aber der gleiche bleibt. (Das wäre eher was für Ökonomisten)

Zu den Zielgerichteten Systemen gehören auch noch die virtuellen Kriegsschauplätze des amerikanischen Militärs(NPSNET) sowie das VR-Büro des Swedish Institut for Computer Science, DIVE. In allen drei Fällen könnte man sagen : Ist ja kein Wunder, das die miteinander reden. Die werden ja schliesslich dafür bezahlt !.

Die MUDs und MOOs stellen einen erfundenen Raum dar, jeder Spieler oder Besucher erfindet seinen Namen und seine Eigenschaften, und aufbauend auf diese erfundene Kommunikationsumwelt finden Gespräche und Spiele jeder Art in einem gedachten Textraum statt. Habitat, die zweidimensionale Comicwelt von Fujitsu, verfolgt einen ähnlich verspielten Ansatz, ist aber mit dem Ziel der Erforschung des Unterhaltungscharakters der Online-Kommunikation ins Leben gerufen worden, und hat eher zufällig in den Nerv der Zeit getroffen. Schön zu sehen ist hier allerdings, das trotz nahezu nicht vorhandener PR und Netzwerk-Infrastruktur dieses System 1984 über C64 Computer und 300 Baud Modems(Akustikkoppler) äusserst erfolgreich war.

AlphaWorlds als Beispiel für 3D Systeme wiederum setzt auf die sich Selbst-Erfüllende-Prophezeiung der Cyberpunk Literatur. Resultat ist das digitale Schwabenländle. Wortkarg(der Text Chat ist sehr langsam und man weiss nie, mit wem man spricht) rast der Avatar die menschenleeren Strassen hinunter, ausgestattet mit Bauwerkzeug, um an seiner Cyber-Villa zu basteln. Das Resultat ist die geradezu gespenstisch anmutende Ansammlung digitaler Bauruinen, halbfertig von ihren Besitzern verlassen, die digitale Zukunftsvision von Los Angeles.

/etc

Der um die vollständige Wahrnehmung seiner Gesprächspartner beraubte Mensch kommuniziert über ein technisches Medium mit der Absicht, sich zu unterhalten. Es gibt dazu eine Menge Geld für Computer Hardware und Telefonrechnungen aus. Er nimmt die Tatsache in Kauf, vermutlich nicht eine einzige Person zu treffen, die das ist, wofür sie sich im virtuellen Raum ausgibt. Er erlernt die Verhaltens- und Symbolkonventionen des Systems, und akzeptiert eine Textzeile oder eine grafische Figur als Abbild seiner Bewegung, Gedanken und Äusserungen. Er bemüht sich mit der ganzen Kraft seiner Sinne, sich in dieser Situation zu orientieren.
Die Motivationen und Absichten des Besuchers sind jedoch genauso verschieden wie die Motivationen und Absichten der Weltenmacher. Der Handlungs- und Äusserungsspielraum variiert erheblich, von Text bis zur 3D Simulation, vom stummen Partizipieren bis zum Redeschwall, von Entertainment bis zur Arbeit. Es geht auch um Sensationen, Techno-Geilheit und Schöpferwahn. Es geht um die möglicherweise Selbsterfüllenden Prophezeiung der ScienceFiction Visionen von Stephenson, Gibson und Sterling. Es geht um die Beschreibung eines Zustandes und die Entwicklung einer Möglichkeit damit umzugehen. Der Zustand ist die Auflösung der körperlichen Unversehrtheit, die Ausdehnung des Menschen in den virtuellen Raum, die greifbare Nähe des Cyborgs. Der endgültige Triumph der Massenmedien über den Dialog durch Blendung aller Sinne im virtuellen Raum. Wir können nicht mal mehr zappen, sondern nur noch fliehen.

Eine Möglichkeit damit umzugehen ist die künstlerische Formung eben dieser Technologien in einem sozialen Kontext. Die Rückgabe der Trickeffekte an das Publikum, die bedingunglose Aushändigung der Berieselungswaffen an das Volk, die Kapitulation vor dem Kommunikationsbedürfniss der Menschen. Macht was mit dem was euch kaputtmacht., lautet die Botschaft der späten 90er. Das meinte wohl auch der amerikanische Videokünstler Paul Garrin, als er 1988 für den grossflächigen Einsatz von Handycams zur Überwachung des Staates (!) durch die Bürger plädierte. Wer sich berieseln lassen will, soll rausgehen wenns regnet, das Netz wäre mir dafür zu schade.

Es wäre zu einfach zu glauben, das durch Cyberspace irgendetwas besser wird. Durch das Fernsehen an sich ist schliesslich auch nichts besser geworden. Die Potentiale beider Technologien lassen sich jedoch zur Installation dialogischer Prozesse in einem anderen Kontext als dem des Profits erproben und nutzen. Ponton hat sich in diesem Bereich immer als künstlerische Forschungseinrichtung verstanden, und das Experiment mit der Kopplung aller Medien bis hin zur spezialisierten Konzentration auf einige Wenige und die vollständige Übergabe der Systemkontrolle an das Publikum versucht. Es folgt die Beschreibung von drei ausgewählten Ponton-Projekten jetzt.
"Dont touch that dial and stay tuned." --MTV Europe, every day

[weiter]