Oskar Schirmer

UP

 

2010

1209Zur Frage des Rechtes auf Freigabe geheimgehaltener Informationen
  Zu „Ins Netz gegangen”, Die Zeit No. 50 vom 9.12.2010, Seite 4, zur Frage des Sinnes der Veröffentlichung geheimgehaltener Informationen auf Wikileaks im Internet:

Auf die Frage „Aber wozu?” findet der Artikel, wie viele andere Berichte der letzten Woche, im letzten Abschnitt keine zufriedenstellende Antwort und vermittelt den Eindruck, als ginge der Kampf um Wikileaks lediglich um Selbstdarstellung, Empfindlichkeiten, Selbstzweck also. Aber es geht um Machteliten und damit um die bestehenden Staatsformen an sich. Die letzten drei Jahrhunderte, angeführt von der französischen Revolution, brachen die unangefochtene Macht von Monarchen und brachten schließlich Demokratien hervor. Ein ungeheurer Fortschritt, aber Demokratie undifferenziert mit Freiheit gleichzustellen ist ein Fehler, denn die Demokratie tauscht zwar die Regierungselite nach Volkes Willen aus, aber sie hebt weder ihre Vormachtstellung im Staat auf noch macht sie ihr Handeln transparent, die Bürger werden nur in geringem Umfang am Informationsfluss zu den Staatsgeschicken beteiligt. Hierin unterscheidet sich die Demokratie nicht grundsätzlich von Monarchien und genau hier greifen unauthorisierte Veröffentlichungen an: Macht gründet insbesondere auch auf Information, diese zu veröffentlichen heißt, Machteliten in Frage zu stellen. Bleibt also die Gegenfrage: Mit welchem Recht will die Machtelite ihren Erhalt gegen die eigenen Mitbürger begründen?