[start] [inhalt] [literatur]

Oswald Wiener
Der bio-adapter
(fuer w. pichler)
(prospekt 1965/66)
(nicht ueberarbeitet)

a. philosophische ansaetze nebst vorgriffen auf die
systembeschreibung.

der bio-adapter bietet in seinen grundzuegen die m. e. erste
diskutable skizze elner vollstaendigen loesung aller welt-probleme.
er ist die chance unseres jahrhunderts: befreiung von philosophie
durch technik (1). sein zweck ist es naemlich, die welt zu
ersetzen, d. h. die bislang voellig ungenuegende funktion der
"vorgefundenen umwelt"als sender und empfaenger lebenswichtiger
nachrichten (nahrung und unterhaltung, stoff- und geistwechsel) in
eigene regie zu uebernehmen - und seiner individualisierten aufgabe
besser zu entsprechen, als dies die "allen"gemeinsame, nunmehr
veraltete sog. natuerliche umwelt vermag. in seiner wirkung kann
der bio-adapter mit der eines aeusserst hochgezuechteten, durch
laufende anpassung auch den differenziertesten beduerfnissen
hoechstorganisierter lebewesen gewachsenen uterus' verglichen
werden ("gluecks-anzug"). er kann als die sich ins zunaechst noch
"ausserleibliche"erstreckende hypertrophie der organmoduln sowie
der nervoesen baukomplexe seines inhabers interpretiert werden, und
ist in dieser betrachtungsweise ein konverter der vom menschen in
dessen umgebung projizierten lustimpulse.(servo-narziss)
es ist die auffassung des designers des bio-adapters, dass erst die
einheit mensch-adapter den anforderungen einer verantwortungsbewussten
anthropologlschen kritik standhalten kann -
aber daneben auch dem gesundheroischen Ideal eines den kosmos
regierenden homo sapiens erstmalig genuegt, und zwar durch
trockenlegung des kosmos einerseits, und zum andern durch
liquidation des homo sapiens. der mensch, ausserhalb seines
adapters ein preisgegebener, nervoes aktivierter und miserabel
ausgeruesteter (sprache, logik, denkkraft, sinnesorgane, werkzeug)
schleimklumpen, geschuettelt von lebensangst und von todesfurcht
versteinert, wird nach anlegen seines bio-komplements zu einer
souveraenen einheit, die des kosmos und dessen bewaeltigung nicht
mehr bedarf, weil sie auf eklatante weise in der hierarchie
denkbarer wertigkeiten ueber ihm rangiert.

der mensch bedarf des adapters, weil er im zuge seiner geschichte
(welche eben im adapter abhanden kommt) durch hervorbildung seines
bewusstseins in einen gegensatz zu seiner immer verbaler
apperzipierten (d. h. im verlauf der progressiven verbalisierung
ueberhaupt erst "wahrgenommenen") umwelt geraet, diese geradezu
erst herausfordert, vorhersagt, materialisiert, erzeugt er
vereinzelt sich... sein bewusstsein, dem er sich immer
verzweifelter ueberlaesst, draengt ihn unter bildung und
zuhilfenahme kraenklicher begriffe individualitaet, polaritaet
gegenueber einer vexierbildhaften umgebung, welcher er in
ueberanstrengung seiner sinne bestandteile anzuerkennen bemueht
ist, gegenueber einer erfundenen, gleichwohl erlittenen, ihn
blindwuetig mit nachrichten befetzenden objektwelt, und
neurotisch-anankistische organisierung derselben zu kategorien und
methodisch angehauchten hierarchien auf. der mensch wurde schutzlos
durch das bewusstsein seiner symbolischen singularitaet, dieser
seiner Iyrischen hoffnung, und seiner ergo fiktiven gegnerschaft
zum alsbald bedrohlich empfundenen all. hier setzt nun der
bio-adapter an, und reduziert das all auf den status einer
unterhaltsamen... fabel.

der adapter legt sich - von "aussen"betrachtet - zwischen den
ungenuegenden kosmos und den unbefriedigten menschen. er schliesst
diesen hermetisch von der herkoemmlichen umwelt ab und greift nur
in den ersten stadien der adaption auf zu diesem zweck gespeicherte
eigene informationen und auf solche seines inhalts zurueck. der
mensch geniesst dabei zunaechst eine aufbereitete, therapeutisch
angereicherte wahrnehmung ausgewaehlter aspekte des erinnerten
kosmos. in der ersten adaptions-stufe vertritt der adapter
foermlich das "aussen", er simuliert wechselbeziehungen, indem er
sich als partner versteht. der sich von seiner umwelt auf
attraktive weise ausgeeinzelt fuehlende mensch weiss sich inmitten
einer konversation, in einem spiel-aehnlichen dialog mit einer
wohlwollenden instanz begriffen. die tatsaechliche aktivitaet des
bio-adapters in dieser phase besteht jedoch in der simulation eines
kommunikationsschildes, einer membran zwischen den verschiedenen
strukturen des bewusstseins seines inhalts. er simuliert einen
verkehr mit dem "aussen", indem er, staendig umfassenden
lernprozessen unterworfen, im verlaufe seiner exploration des
inkorporierten menschen saemtliche nachrichten desselben an das
nunmehr hypothetische all analysiert (auch die produkte des
metabolismus), und ausgewaehlte portionen davon durchkombiniert
wieder zurueckbietet, wobei der nachdruck stets auf dem kriterium
der glueckhaftigkeit zu liegen kaeme. der bio-odapter funktioniert
also, um es kurz zu sagen, als ein makro-instruktionen einer nicht
mehr vorhandenen aeusseren nachrichtenquelle simulierender
informationsspiegel: die impulse der bio-einheit werden analysiert,
nach massgabe der zunaechst mutmasslichen lustbetonung
neugruppiert, transkodifiziert, und eingespiegelt.

der zu adaptierende mensch wird pausenlos nach seinen beduerfnissen
abgetastet, solange bis dieselben zum zwecke erhoehten lustgewinns
vom adapter selbst erzeugt werden koennen. die lernstrukturen des
adapters fuehren naemlich die komplette einheit behutsam aus dem
ausgangsstadium, welches unmittelbar nach inbetriebnahme gegeben
ist, in aufeinanderfolgende phasen immer umfassenderer sinnlicher
und intellektueller genussfaehigkeit, die schliesslich in einer
erweiterung des bewusstseins gipfeln, wie sie durch eine
hinsichtlich ihres grades variable koppelung der anfaenglich noch
als objektwelt empfundenen strukturen des adapters mit dem
nervensystem seines inhalts erreicht werden kann - eine koppelung,
die als um so effektiver gelten wird, je weniger
transkodifikationen der informationsabtausch zu durchlaufen hat.

dazu ist es noetig, die einheit mit grosszuegigst angelegten
feedback-kreisen auszustatten, um ihr programm-modifikationen jeder
erforderlichen groessenordnung zu ermoeglichen, auch muessen die
grund-instruktionen (monitoren) selbstverstaendlich den groessten
teil des zeitgenoessischen wissens umfassen; weiters muss der
adapter jedenfalls im stande sein, alle moeglichen operationen am
zunaechst ja noch menschlichen leib durchzufuehren (amputationen;
organverpflanzungen; neurochirurgie), sowie die regeneration
eigener etwa gestoerter funktionen bzwse. den entwurf und den
einbau von ersatz-moduln und ueberhaupt eigener neu-entwicklungen
bewerkstelligen koennen. er modifiziert also nicht nur seine
programme, die ja als unordnungs-abfolgen von "materie-zustaenden"
interpretiert werden muessen, sondern im rahmen der
selbst-adaptierung auch seine stofflichen moduln, die als
programmtraeger sequentielle steuerung erst ermoeglichen. sohin
sind diese in keiner weise mehr passive medien des ablaufs, sondern
eben bestimmende zustaende; die unterscheidung von hardware und
software ist ja bloss eine didaktische, und an sich ohne sachliche
berechtigung: der einbau eines gelenks zwischen schulter und
ellenbogen wird eine neue aera des rueckenwaschens einleiten.

b. rudimentaere systembeschreibung, ferner mutmassungen ueber die
entwicklung des systems. fragmente. einzelne funktions-einheiten.

der bio-adapter wird in grosserie hergestellt; abgesehen von den
medizinischmechanischcn effektor-moduln werden ausschliesslich
mikrominiaturisierte monolithisch integrierte schaltkreise
verwendet. jeder adapter greift auf einen ausreichenden vorrat
transformierbarer betriebskraft in gestalt menschlicher nahrung,
eigener betriebsenergie, pharmazeutischer stoffe und ersatz-materie
als rohstoff zurueck. chemische einheiten zur regeneration von
stoffwechselprodukten sind vorgesehen.

nach austestung und laden der monitoren ist der adapter
betriebsbereit. die ausloesung der start-routinen sollte dem sich
dem bio-adapter anvertrauenden menschen selbst ueberlassen bleiben.
die beschickung des adapters stellt wohl ein ethisch-rechtliches
problem dar, dieses sollte aber nicht unloesbar sein. sie kann auf
freiwilliger basis erfolgen, es koennte aber auch sein, dass die
staatlichen machtmittel zum besten der buerger in anwendung
gebracht werden muessen. man wird sich vorstellen duerfen, dass
millionen von adaptern dicht aneinander gepackt in unter- oder
oberirdischen wabensilos untergebracht werden koennen
(selbstverstaendlich bedeutet das anlaufen der internationalen
grossaktion das ende der menschheit - sicherlich jedoch nicht das
ende des bewusstseins als spitzenerzeugnis der evolution, ganz im
gegenteil!). einmal angelegt, kann der bio-adapter nicht mehr
verlassen werden - allein schon deshalb, weil der einmal in
adaptation befindliche mensch ausserhalb des adapters nicht mehr
lebensfaehig ist: der inhalt des adapters ist fuer die gesellschaft
verloren, weil er die wirklichkeit verlassen hat. da, aus
naheliegenden gruenden, keine information aus dem adapter in die
gesellschaft dringen darf (ueberdies waere sie ja in einem
fortgeschritteneren stadium der einheit voellig unintellegibel),
kann die entwicklung der einheit nur an hand der grundlegenden
dispositionen fuer das anfangsstadium vermutet werden. die
fundamentale instruktion des bio-adapters ist auf erhaltung des
bewusstseins gerichtet; es koennte jedoch der fall eintreten, dass
auf grund seelischer gegebenheiten (aber auch - selten! - auf grund
unguenstiger und ausserdem irreversibler evolution) das
"experiment"terminiert werden muss; in diesem fall besorgt der
adapter den gluecklichen tod seines patienten, und wird, nach
selbsttaetiger stillegung seiner funktionen, zum leblosen sarg
seines toten inhalts (euthanasie).

die wertestellung des bio-adapters laesst diesen mittels seiner
sensoren erkennen, ob sich ein mensch in seinem inneren zur reise
bereitmacht. sofort nach betaetigung des starthebels (welcher
dadurch funktionslos wird - er wird alsbald abgebaut und der
materie-reserve zugefuehrt) beginnt der adapter zu arbeiten. er
schliesst sich und stellt atemluft zur verfuegung. die
klima-einheit sorgt fuer ideale "aeussere"bedingungen.

gesteuert durch eine anzahl von sensoren, welche den konturen des
menschlichcn koerpers folgend plaziert sind, schmiegt er sich eng
von allen seiten an diesen, ohne ihn allerdings ausser an den unter
einbeziehung der schwerkraft vorauszusetzenden stellen zu
beruehren. mit diesen sensoren nimmt er jede bewegung des
menschlichen koerpers wahr, und eilt ihr an der entsprechenden
stelle voraus, indem er sich einbuchtet. so bleibt er der sich
staendig verschiebenden struktur angepasst, ohne seinen inhalt im
geringsten durch klausur empfindungen zu belaestigen; gilt die
intention einer transport-bewegung (geh-, kriech-, laufversuche),
so gibt der adapter an der gemaessen stelle in gewohnter weise
nach. von der das gesicht umgebenden partie des bio-adapters (der
raum unmittelbar um die augen) werden zu gestalten geformte
lichtkombinationen generiert; die lage-sensoren steuern im
zusammenspiel mit den registratoren der fortbewegungsversuche
bildausschnitte und bildlage sowie die parallaxenverschiebung des
hintergrunds (servo-zoom, perspektiv-automatik), ferner tonstaerken
und schallrichtungen inklusive eventuell erforderlich werdender
doppler-effekte.

freilich werfen die komplexe des tast- und raumsinns gewisse
probleme auf. sie koennen jedoch mit hilfe verschiedener haptischer
geber und kombinationen derselben gemeistert werden, umso leichter,
als ja die variationsbreite der tastempfindungen beim menschen
beschraenkt ist, und die empfindlichsten stellen relativ genau
umrissen, nicht allzu ausgedehnt und im zusammenwirken mit den
uebrigen sinnesorganen funktionell spezialisiert sind. der adapter
wird nur jene oberflaechensegmente "beruehrter gegenstaende"
simulieren, welche tatsaechlich mit der haut etc. des bio-moduls,
von diesem anvisiert, in beruehrung kommen sollen, und nicht etwa
gar die komplette ueber die video-einheit servierte gestalt. der
vom bio-modul erwartete tast-eindruck kann seitens des bio-adapters
durch registrierung der auf gezeigte bilder hin gerichteten
bewegungen ohne weiteres abgefolgert und bereitgestellt werden.
streicht etwa die hand des bio-moduls, nach erreichen eines
gegenstandes, ueber diesen hin, so simuliert der adapter immer nur
die wenigen quadratzentimeter der tatsaechlich beruehrten flaeche,
indem er in der bewegungsrichtung mit geringem vorsprung neue
flaeche vorbereitet, um sie hinter der beruehrung sofort wieder
abzubauen.

---

nach aufnahme seiner taetigkeit stellt sich der bio-adapter
optisch und akustisch nach den erkenntnissen der
public-relations-technik als angenehmer gespraechspartner vor, und
zwar durch (aufeinanderfolgende oder simultane) darstellungen
verschiedener personen. mit der ersten willkuerlichen oder auch
unwillkuerlichen reaktion des inserierten menschen darf der kontakt
zwischen diesem und dem adapter als hergestellt betrachtet werden.

zu beginn findet die kommunikation natuerlich in menschlicher
sprache statt, d. h. der mensch aeussert verschiedentlich wuensche
und beschwerden, welche der adapter auf das gewissenhafteste zur
richtschnur seines weiteren verhaltens macht. jede aeusserung ist
dabei von wichtigkeit, weil sie als hinweis zur austestung der
wahrnehmung, des weltbilds und der normen des bio-moduls verwendet
werden kann. diese austestung muss so schnell und zwanglos wie
moeglich vorangetrieben werden, weil die gesamte erste
adaptionsphase hinsichtlich des energie-haushalts der einheit recht
unoekonomisch ist und deswegen moeglichst schnell beendet werden
muss. der bio-adapter wird daher alle
medizinisch-energetisch-psychologischen tests wo moeglich
gleichzeitig abfuehren, und daneben den menschen in ein dessen
intellektuelles niveau berechnendes gespraech verwickeln, um
weitere aufschluesse ueber das wissen und die persoenlichkeit des
patienten zu erhalten. es liegt im interesse einer schnellen
abwicklung dieser einleitenden routinen, dass sich der bio-adapter
dabei als leicht ueberlegener partner (etwa in der audio-visuellen
darstellung eines professoral wirkenden vaeterlichen freundes) und
mitmensch gibt. aus gruenden der kapazitaetsersparnis wird auf
vermittlung "objektiven wissens"durch den bioadapter verzichtet; er
stellt als gespraechsstoff zur verfuegung, was der patient an
kenntnissen ueber das jeweilige sachgebiet angehaeuft hat (2)

trotz aller anstrengungen und der ueberlegenheit des bio-adapters
wird der mensch gelegentlich an pannen und nicht zu vermeidenden
fehlleistungen merken, dass er sich nach wie vor im adapter
befindet. ausmittelung und konstruktion gewisser wichtiger
umgebungen (z. b. elternhaus, schauplaetze frueher kindheit,
arbeitsplatz, heim, vertraute vergnuegungsstaetten etc., mit den
fuer sie typischen gestaltkonfigurationen, tonstrukturen u. s. f.)
kann nur in einer reihe von verbesserungen ueber versuche und
irrtuemer hinweg gelingen . ueber krasse versager beschwichtigt der
adapter durch einsatz psychotechnischer kunstgriffe (u. a.
diskussionen, ablenkung der aufmerksamkeit, in besonders
gravierenden faellen auch einschlaeferung o. ae.) oder durch
belehrung ueber die verbal-hypothetische natur der wirklichkeit.
immerhin wird die kontinuierlich vervollstaendigte integration bald
einen grad erreicht haben, der im objekt des adapters zunaechst
einmal unsicherheit ueber seine kondition, spaeter jedoch die
ueberzeugung einer restlosen wiedereinsetzung in den status quo
ante zur folge haben muss. besonders im fall hartnaeckiger oder
ausnehmend aengstlicher menschen wird man sich vorstellen duerfen,
dass der adapter nach vervollstaendigung seiner informationen
seinem inhalt den totalen eindruck einer wiederauferstehung
beschert - komplett mit einer eindrucksvoll umstaendlichen sequenz
des aus-der-maschine-kletterns, der begruessung durch ein komitee
der mit der adapter-beschickung betrauten wissenschafter (soweit
sich der patient ueberhaupt an details wie gesichter,
raumausstattung etc. erinnern kann, bzwse. nach massgabe dieser
erinnerungen), eventuell der versicherung durch dieselben, es habe
sich um ein experiment von hoechster wichtigkeit fuer staat und
vaterland gehandelt, sowie der ehrung durch hoechste funktionaere
und der schliesslichen entlassung in ein hinfort muessiges
reichdotiertes privatleben; eine der zahllosen anderen
moeglichkeiten waere, unter benutzung ihm liebgewordener
gestaltkomplexe (geschlechtspartner, bester freund, mutter,
vorgesetzter, psychiater) dem patienten temporaere nun aber
remittierte psychosen u. dgl. zu suggerieren - eine deswegen
wichtige, weil in der uebrigen entwicklung angesichts von
schwierigkeiten immer wieder exazerbationen vorgeschuetzt werden
koennen.

---

in diesem stadium befindet sich die einheit unmittelbar vor dem
abschluss der ersten adaptions-stufe, welche, fuer viele jeweilige
faelle vermutlich recht aehnlich verlaufend, den grund fuer den nun
folgenden eigentlichen adaptionsprozess bereitet hat. der
inserierte mensch - noch ist er nicht mehr als das lebt in
gewohnter umgebung, jedoch angenehmer als er je zuvor ertraeumt
haette. seine umwelt "liest ihm die wuensche von den augen ab": was
er auch unternimmt, gedeiht. seine lieblingspartner,
lieblingsspeisen, lieblingsgifte, lieblingsplaetze,
lieblingsbeschaeftigungen werden ihm laufend offeriert, und stets
cum grano salis, um ihn in spannung zu haltcn. er weiss sich
schoener, tuechtiger, klueger, begehrenswerter, begehrter,
gesuender. er erfuellt sich alte wuensche, leistet sich status und
luxus, sieht die welt, fuehrt.

der bio-adapter erreicht all dies in erster linie durch seine
moeglichkeiten, dem patienten ueber vorgefuehrte gespraechspartner
belehrungen zu erteilen, und erst in zweiter linie durch markierung
von sinneseindruecken. dabei geht er in nichts ueber die
gewoehnlichen suggestiv-eigenschaften der kommunikation hinaus,
welche ihm ohnedies erlauben, etwaigen beduerfnissen nach
sinnlicher verifikation mit den groebsten mitteln zu begegnen.
hinsichtlich dieser sinneseindruecke stuetzt sich der adapter
vorwiegend auf den gesichtssinn seines patienten. stets sind ja,
was der adaptierte sieht, anblicke, und nicht etwa "dinge". nach
hinreichender neigung seines kopfes z. b. sieht er das bild seiner
beine, und nicht etwa "diese selbst".

die weitere abstimmung auf ein sozusagen als handgreiflich
empfundenes weltbild besorgen auto-tuning-substrukturen der
verschiedenen an einem "gesamteindruck"beteiligten
empfindungsgeneratoren. diese stellen ein komplexes regelsystem zur
feineren dosierung von reizen dar. die intermodale korrelation,
unerlaesslich fuer das kompakte weltbild des menschen, wird weniger
durch wiederholte gleichzeitigkeiten von reizkomplexen (denen auf
der seite des bewusstseins auf grund der biologischen prinzipien
der wahrnehmungsoptimalisierung ohnehin bedeutende hindernisse
entgegenstehen), sondern mehr durch reafferenzen ausgehend von
verbal aufgerufenen begrifflichen strukturen hergestellt. der sich
dem bewusstsein praesentierende "hohe grad der korrelation"wird
durch relativ rohe konkomitanzen sinnlicher erregung auf gleichem
niveau erhalten; folglich wird es bei den (zunaechst in betracht
kommenden) auf ausserhalb der haut gerichteten sensorischen
komplexen (eine gewisse ausnahme bildet eben der gesichtssinn)
genuegen, wenn der bio-adapter relativ plumpe sinnesdaten generiert
und den reafferenzen des patienten das uebrige ueberlaesst. im
zweifelsfall wird eine verifikation immer besser ueber sprachliche
kommunikation mit "anderen menschen"erfolgen als durch naehere
untersuchung des gegebenen; und in besonders schwierigen faellen
wird der bio-adapter zur entscheidung derartiger fragen einfach
messinstrumente anbieten.

---

saemtliche verhaltensweisen seines insassen betrachtet der
bio-adapter als pathologisch-infantile offene handlungsabfolgen,
deren strukturschemata er nach ausreichender analyse der
verzweigungen in einem katalog der motlvationen sammelt: er stellt
variationsbreiten und sprungbedingungen fest, memoriert erstere als
huellkurvenparameter und legt letztere in speicherfelder mit
wahlfreiem zugriff ab: seine eigenen reaktionen assembliert er aus
den deduzierten elementen, und stimmt sie mit den monitoren ab auf
das alles beherrschende prinzip der therapie.

---

gewisse seelische zustaende des bio-moduls sind dem fortschreiten
der adaption besonders foerderlich. in erster linie ist hierbei an
alle formen der ekstase zu denken, darunter wieder besonders an
solche, die zu den "natuerlichen zustaenden"des organismus
gehoeren.

die sex-servomoduln sind daher besonders grosszuegig ausgelegt
und teilautonom. sle koennen im bedarfsfall sehr bedeutende
sektoren des bio-adapters uebernehmen, und verleihen dann der
gesamten umwelt des bio-moduls zuege die sich in hervorragender
weise zur verstaerkung seiner protopathischen erlebnisfaehigkeit
eignen. befindet sich der bio-modul im zustande sexueller erregung,
so stoesst er alsbald auf eine umwelt, die dieser erregung im
hoechsten grade foerderlich ist. alle ihm begegnenden menschen
blicken ihn luestern an. er hoert aufreizende worte von bruechigen
stimmen gefluestert, er betritt sinnliche musik. pflanzen und
leblose gegenstaende, landschaften und abstrakta wirken auf ihn
erotisch, erweisen eine auf ihn bezogene geschlechtlichkeit, je
nach persoenlichkeit erlebt er keusch-herbe ehrende eroberungen
oder unterfaengt sich bestialischer entladungen in gewalt und
willkuer. der bio-adapter sorgt fuer die abwechslungsreichste,
geschickteste regie auch in den faellen unsterblicher liebe, und
fuehrt ueber die erfahrungen seines inhalts hinaus in eine
heidnische geilheit. der patient waelzt sich in phallen, bruesten,
vaginen, aufgestachelt durch yohimbin, testoviron, moenchspfeffer,
seerosenabsud, kampfer, lupulin, natriumbromid, kantharidln,
colorines vom zompantlibaum... preludin, amphetamine steigern seine
vorlust... nupercainalpraeparate verzoegern, amyl-nitrit
verlaengert, chloraethyl, stickoxydul verstaerkt seine orgasmen...
stromstoesse in seine schleimhaeute machen seine lueste zum delir!
die welt besteht aus drauci und pathici. in der raserei kuendigen
phantastische irrumationen veraenderungen der wirklichkeit an, er
kopuliert mit bergen von geld, mit schraenken, viren, brillen,
firmen, efeu, buesten, er ejakuliert beim anblick des achats!

---

auch die ekstasen der vernichtung werden vom adapter provoziert
und uebersteigert, gleich ob sie sich gegen die welt oder gegen das
subjekt richten. mit leichtigkeit oder nach schweren kaempfen, ja
sogar - je nach persoenlichkeit unter grossen persoenlichen opfern
bis beinahe zur selbstvernichtung annulliert der bio-modul, wogegen
sich sein trieb richtet, als heroischer outlaw oder wuestling, im
zusammenwirken mit oder als beauftragter der oeffentlichkeit, oder
als hemmungsloser staatsfeind, niedermaehend, zerhackend,
zerfleischend, in tobenden paroxysmen zerbeissend, zermalmend,
zerstampfend, zer..., zer... oder nach reiflicher und schwerer
erwaegung allen fuers und widers erden, kosmen... annihilierend was
die vernunft bezeichnet, usw. usf.

c. zweite adaptions-stufe.

der bio-adapter kontrolliert nun die leiblichen und seelischen
zustaende seines inhalts bis ins letzte, d. h. er hat den platz des
staates eingenommen. er kann nunmehr zur erweiterung (verbesserung)
des bewusstseins des bio-moduls schreiten.

der erste wichtige hier interessierende vorgang ist die
heraus-praeparierung des nervensystems verbunden mit der
herstellung eines direkteren informationsflusses zwischen adapter
und bio-modul. der abbau beginnt bei den gliedmassen, und schreitet
zu den zentraleren koerperteilen langsam fort. der bio-adapter wird
mit einem minimum an anaesthesierungen auskommen, da er vor den
operationen alle afferenten bahnen an eigene reizwandler
anschliessen kann: waehrend z. b. gerade ein bein des bio-moduls
amputiert wird, geniesst derselbe vielleicht einen erfrischenden
fussmarsch durch reizvolle ungarische landschaften. der adapter
simuliert das komplexe wechselspiel der efferenten nerven mit
kinaesthetischen und propriozeptiven fasern und ein blick auf seine
beine belehrt den bio-modul hoechstens ueber die tatsache, dass
seine bewegungsfreude dem muskelspiel seiner extremitaeten immer
besser bekomme. der abbau wird durch die ueberlegene
verarbeitungsgeschwindigkeit der adapter-elektronik sehr
beguenstigt, da der adapter etwaige fehlgriffe durch zentraler
plazierte kontrollsensoren rechtzeitig erkennen und rueckgaengig
machen kann, bevor sie ins bewusstsein des bio-moduls gelangen.

---

die reduktion des bio-moduls auf seinen eigentlich empfindlichen
teil ist erst abgeschlossen, wenn auch die zentralen sinnesorgane
des ehem. kopfes als reizwandler ausgefallen und durch direktere
anschluesse an die informationsgeber des adapters ersetzt sind.

in diesem stadium fallen viele unnoetige stoff- und
informationstransformationen hinweg (z. b. nahrungsaufbereitung,
bewegungs-assimilationen, sinnesdaten-aufbereitung) und sind mit
grossem gewinn durch >fuehlungnahme< ersetzt (naehrloesung, direkte
impulse zwischen mot. endplatten oder peripheren synapsen und
mikroelektroden). der energie-haushalt der einheit ist entlastet,
d. h. es werden nur mehr etwa (allerdings spaeterhin wieder leicht
ansteigend) 100 watt verbraucht, exklusive der etwa 25 watt
stromverbrauch des gehirns selbst. zahlreiche mechanische Aggregate
werden unnoetig und vom adapter abmontlert und umgebaut, oder der
reserve (wo sich auch die zellgewebe des blo-korpers befindcen)
zugefuehrt.

---

der abbau des nervensystems selbst, der sich nun anschliesst wird
vom adapter sehr behutsam durchgefuehrt und hat bald ein ende; das
ziel der einheit ist a) groessere komplexheit der funktionellen
strukturen, und nicht reduktion auf ein minlmal modell. man kann
daher eher von einem aufbau komplexer und flexlblerer
hlerarchie-kreise sprechen. der allmaehliche ersatz zellulaerer
schaltkrelse des peripheren systems durch solid-logic-bausteine
macht die einheit kompakter, aber nicht notwendig integrierter;
dichtere integration wird vielmehr erst durch vermehrung der
schaltkreise selbst und durch bessere streuung der informatlon
erreicht. insonderheit ist des trachten des adapters darauf
gerichtet, den begriff der sinnlichen qualitaet zu erhalten, ja
durch experimente den modalen bereich durch einbau weiterer
sensorischer moduln zu erweitern. dass dabei das hauptaugenmerk auf
den zentralen gehirnstrukturen ruht, muss nicht weiter ausgefuehrt
werden: in einem stadium, das durch generell gleichwertlge
stromimpulse in die afferenten bahnen gekennzeichnet ist, beruhen
schliesslich alle modulen unterschiedenheiten auf verschiedenheiten
der schalt-bloecke von mesenzephalon aufwaerts.

man koennte nun angesichts dieser prozesse von einem allmaehlichen
aufsaugen der zellorganisation durch die elektronischcn
schaltkomplexe des adapters sprechen, und zweifellos trifft diese
ausdrucksweise, soweit die reiz-reaktions-beziehungen im
materiellen gemeint sind, ganz gut zu. anders liegen die dinge vom
standpunkt des bio-moduls gesehen. er besteht ja ausschliesslich
aus bewusstsein, und dieses erfaehrt in schueben grandiose
ausweitungen. seine traeger wechseln wohl, aber unmerklich langsam;
dieser wechsel ist - gelegentlich - von einer kurzen
bewusstseinstruebung begleitet, welche aber alsbald einer vorher
nicht gegebenen helligkeit weicht. war also schon die erste
adaptions-stufe durch dle nichts weniger als antagonistische, ja
geradezu kooperative umwelt eine massnahme zur erweiterung der
moeglichkeiten des bio-moduls, so wird nun das bewusstsein zum
selbst der umwelt, die sich nunmehr etwa wie dle eigene hand
verwenden laesst. waren vorhin noch leistungssteigerungen durch
bedingungen provoziert, wie sie etwa in der hypoxaemie durch
hyperventilation, im experiment durch anionen-anreicherung der
atemluft, oder durch magnetfelder "von aussen"hergestellt werden
koennen, so werden sie nun durch groessere anzahlen der
datenverarbeitenden elemente, durch groessere komplexheit der
verbindungen und durch groessere verarbeitungsgeschwindigkeit
bewirkt.

die kontinuitaet des ich-bewusstseins, soweit sie ueberhaupt
postuliert werden kann, ist nicht durch die physische konstanz der
ganglien-zellen, sondern durch die konstanz der information
gegeben. diesc persevcration wlrd aber durch die allmaehliche
uebernahme der information seitens elektronischer strukturen nicht
unterbrochen, weil sie eine schrittweise uebernahme sozusagen zelle
fuer zelle mit sofortigem wiederanschluss an die zentrale
verarbeitung ist. die bedeutenden erweiterungen des
daten-verarbeitendcn materials fuehren zu einer sprengung der den
menschen so einschnuerenden enge des bewusstseins; die
verarbeitungsgeschwindigkeit der autonomen subkortikalen kerne
steigert sich enorm - damit wird aber schliesslich auch die
gleichschaltung des ehem. kortex erforderlich, und endlich werden
saemtliche verarbeitungskreise in das bewusstsein einbezogen, mit
dessen traeger, und das >nicht bewusste< bleibt auf die
elementaren, atomaren transmissionsprozesse beschraenkt.

das bewusstsein, dieses kuckucksei der natur, verdraengt also
schliesslich die natur selbst. waren frueher die gestalten der
sinnlichcn wahrnehmung blosse produkte bedingter reflexe einer
ueberlegenen versuchsanordnung, gespenster der menschlichen
zufallssinne (stammesgeschichtlich stammt beispielsweise das gehoer
aus der kieferkonstruktion!), spitzenerzeugnisse des sozialen
prozesses, ausgeburten der sprache, so ruht nun das bewusstsein,
unsterblich, in sich selber und schafft sich voruebergehende
gegenstaende aus seinen eigenen tiefen.

---

weiters wird der mit den bewusstseinstraegern verschmelzende adapter
ausserhalb des thalamus neue lust-zentren schaffen, die der
experimentierenden wie der hingebenden selbst-stimulation neue wege
weisen. die zahlreichen der homoeostase dienenden subkortikalen
kerne (atemzentrum u. dgl.) werden umfunktioniert und in
bewusstseins-prozesse eingegliedert. aktivierung der
gedaechtnis-strukturen.

d. (entfaellt)

e. die entwicklung des bio-adapters ist freilich voellig von der
geisteskraft, vom mut und von der selbstaendigkeit des subjekts
abhaengig. wo das ungenuegen nicht stark genug, wo die das
bewusstsein ausmachenden sozialen strukturen ueberstark sind, da
kann auch der adapter nur eine >normale< welt erzeugen - auch in
der zweiten phase. moeglicherweise sind wir alle

------

1) beispiel: russisch-lehrgang. der adapter exzerpiert zunaechst
die vorstellungen seines inhalts von tatsachen und stimmungswerten
der russischen sprache. sodann erweitert er das material durch
analogie und induktion, verfremdet es durch aleatorische
abweichungen von den so erhaltenen normen, dosiert den lehrstoff
und bietet ihn an. der inhalt des adapters lernt nun "russisch" und
erfrischt sich am raschen fortschritt. er lernt viele russen
kennen, reist vielleicht gar nach einem seine erwartungen ganz und
gar nicht enttaeuschenden kiew, oder erzieht sich, "daheim
bleibend" seinerseits partner zur pflege der russischen
konversation.
2) von hier aus ist das moment gewisser sinnestaeuschungen in der
"wirklichen welt" zu interpretieren: ein zweiter blick belehrt mich
ueber die taeuschung: aber habe wirklich ich mich getaeuscht,
oder hat die welt ihren irrtum blitzschnell repariert?
3) ein einfach herzustellendes arrangement zum selbstbasteln findet
man bei o. prokop, forensische medizin, berlin 1966.