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Aus "STERNTAGEBÜCHER", 1971, Die Achte Reise des Ion Tichy, von Stanislav Lem

Rede des Thubanischen Vertreters vor dem hohen galaktischen Rat. Es handelt sich hierbei um die Stellungnahme Thubans zum Antrag der Tarrakaner, die Menschheit in die Vollversammlung der Vereinigten Planeten aufzunehmen :

"...oder wie jenes eigenartige, am ganzen Leib kahle Exemplar, das von Grammplus im dunkelsten Winkel unserer Galaxis beobachtet wurde - Monstroteratus Furiosus ( Gräßl-Wüterich) der sich selbst Homo Sapiens nennt....Selbst die Fleischfresserei ist niemandes Schuld, da sie sich im Gefolge einer natürlichen Evolution ergab. Immerhin sind die Unterschiede, die den Menschen von seinen tierischen Verwandten trennen, nahezu gleich Null. Ähnlich wie eine an Wuchs höhere Person nicht annehmen darf, daß diese Überlegenheit ihr das Recht gibt, die von Wuchs niedrigeren zu fressen, so darf auch der mit etwas höherem Verstand Begabte nicht morden und fressen, und wenn er das schon tun muss ( Rufe: " Er muss nicht ! Soll er Spinat essen !") - wenn er , sage ich, das MUSS auf Grund einer tragischen erblichen Belastung, dann sollte er die blutigen Opfer in Angst, im geheimen, in seinen Erdlöchern und in den dunkelsten Winkeln der Höhlen verschlingen, gequält von Gewissensbissen und von Verzweiflung un d in der Hoffnung, daß es ihm einst gelingen werde, sich von der Last dieser unaufhörlichen Morde zu befreien. Leider verhält sich Gräßl - Wüterich nicht so. Er entehrt die sterblichen Reste, er würgt sie und kugelt sie, er spielt mit ihnen, und erst später verschlingt er sie bei öffentlichen Fütterungen, inmitten von herumhüpfenden, entblössten Weibchen seiner eigenen Art, weil das seinen Appetit auf die Verstorbenen steigert, aber die Notwendigkeit diesem Zustand abzuhelfen, kommt ihm nicht einmal in seinen halbflüssigen Kopf. Im Gegenteil, er hat sich höherer Rechtfertigungen geschaffen, die zwischen seinem Magen, dieser Gruft unzähliger Opfer, und der Unendlichkeit gelagert sind und ihn befähigen, mit erhobener Stirn zu morden....Nun weilt unter uns... der Repräsentant der Leichenfresser, einfallsreich wenn es um mörderische Freuden geht, ein sinnreicher Architekt von Vernichtungsmitteln, dessen Äusseres zugleich Lachen und Schaudern hervorruft, daß wir kaum unterdrücken können, [ja dort sehen wir ein Wesen], das nicht einmal den Mut eines konsequenten Verbrechers besitzt, denn es versieht die mit den Spuren seiner Morde gekennzeichnete Karriere ununterbrochen mit der Schönheit falscher Namen...."

Aus "STERNTAGEBÜCHER", 1971, Die Achtzehnte Reise des Ion Tichy, von Stanislav Lem

Aufgrund unendlich komplizierter Berechnungen finden Tichy und Tarantoga heraus, das der uns bekannte Kosmos jeden Moment kollabieren kann, da im Moment seiner Enstehung ein Elektron verlorenging. Sie finden jedoch einen Weg dieses Elektron rückwärts durch die Zeit an seinen Platz zu senden, mehr noch, durch die Programmierung dieses Elektrons ist es den beiden möglich all die Unvollkommenheiten unserer Welt zu korrigieren

"...Bekanntlich ist die Evolution entweder ein massenhaftes Auffressen der Schwächeren durch die Stärkeren, das heisst ein Zoozid, oder eine Absprache der Schwächeren, die Stärkeren von innen anzugreifen, das heisst das Parasitentum. Moralisch einwandfrei sind nur die grünen Pflanzen, weil sie auf eigenen Kosten vom Sonnenkonto leben. Ich ersann daher eine Chlorophyllisierung alles Lebenden, und vor allem fixierte ich den belaubten Menschen. Da ich dadurch den Bauch entleerte, brachte ich dort das entsprechend vergrösserte Nervensystem unter; natürlich tat ich das alles nicht direkt, denn ich hatte ja nur eine Elektron zur Verfügung. Ich legte nach einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Professor als grundlegendes neues Gesetz der Entwicklung, die im neuen, unverschuldeten Kosmos erfolgen sollte, die Regel vom anständigen Verhalten jedes einzelnen gegenüber den anderen fest. Ich ersann auch einen viel ästhetischeren Körper, eine subtilere Geschlechtlichkeit und noch viele andere Verbesserungen, die ich hier nicht aufzählen will, weil mir bei der Erwähnung all dieser Pläne das Herz blutet...."

Natürlich scheitert das Vorhaben am Versagen des Assistenten Alois Hauffen, nach dem danach immerhin grössere Ansammlungen von Sternen am Firnament benannt wurden.